War Photographer
Christian Frei, Suisse, 2001o
«A chaque minute passée dans cet endroit, je songe à la fuite. Je ne veux pas voir ce qui se passe ici. Dois-je m’enfuir, ou, au contraire, assumer la responsabilité de ce que mon appareil photographiera?» (James Nachtwey). Dans l’une des nombreuses régions en conflit de notre planète, confronté à la souffrance, la violence et le chaos, le photographe James Nachtwey tente de saisir l’image qu’il pourra publier en toute conscience. Le film nous montre un homme à la fois engagé et timide, qui est aussi l’un des photographes de guerre les plus remarquables et courageux de notre époque. Toutefois, l’homme ne répond aucunement au cliché du baroudeur endurci.
Während die Fotografien wie Standbilder auf der Leinwand erscheinen, die das Hin und Her – und den damit einhergehenden Konflikt – zwischen den vom Fotografen erlebten Situationen und deren Präsentation und Schlussrezeption (im Westen, auf Ausstellungen) rekonstruieren, werden mit Feingefühl die wesentlichen Fragen nach seiner Ethik behandelt, nach der Wahl des Augenblicks, in dem er auf den Auslöser drückt, und nach den Gründen, die den Fotografen so beharrlich sein lassen. (Auszug)
Emilie BujèsDer Beruf des Kriegsreporters ist mit allerlei Mythen behaftet, nicht zuletzt weil die entscheidende Frage der Motivation viel Interpretationsspielraum lässt: Was treibt Männer wie Nachtwey an? Christian Freis dokumentarisches Porträt "War Photographer" will das ergründen, ohne die einschlägigen Mythen erneut zu strapazieren. In seinem Film gibt es keine unzulässige Dramatisierung von Bildern, die ohnehin für sich sprechen. […]
Frei sortiert sein Thema mit Bedacht - Stück für Stück ergibt sich nicht nur das Porträt eines Berufsfotografen, sondern auch dies: der Schock, der Schrecken im Prozess seiner Verfertigung.
Daniela PogadeGalerie photoso
Der Dokumentarfilm «War Photographer» porträtierte vor einem Jahr James Nachtwey, einen der berühmtesten Kriegsfotografen der Gegenwart. Jetzt wird dieser in Paris mit einer Ausstellung geehrt.
James Nachtwey ist einer der berühmtesten lebenden Kriegsfotografen. Nachdem im März 2002 der erfolgreiche Schweizer Dokumentarfilm «War Photographer» von Christian Frei in die Kinos gekommen ist, ist seine Bekanntheit noch gestiegen. Nachtwey hat der Pariser Bibliothêque Nationale nun eine Schenkung von 80 Werken gemacht und wird in Paris mit einer Ausstellung geehrt.
Der rastlose Kriegsreporter findet sich im Museum wieder. Doch gehören da die Zeugnisse von allen Fronten der Unmenschlichkeit wirklich hin? Man kann die Frage nur bejahen. Die Pariser Schau ist äusserst beeindruckend. Das liegt auch am Ort. Im ehemaligen Hauptsitz der französischen Nationalbibliothek wird seit Jahrhunderten menschliche Kulturleistung konserviert - und über die Barbarei nachgedacht. Auf ihren Bänken haben Karl Marx und Heinrich Heine gegen das Elend dieser Welt angelesen und angeschrieben. In der angrenzenden Galerie Mansart, einem Kronjuwel der französischen Architektur, entrollt Nachtwey nun eine Bildfolge des Unerträglichen, des Inakzeptablen, des unfassbar Schrecklichen. Grössere Serien von fürs Magazin «Time» oder die Agentur Magnum aufgenommenen Fotos sind jeweils einem kriegerischen Konflikt gewidmet: Bosnien, Ruanda, Tschetschenien, Kosovo, Afghanistan.
Die Grenzen der Bilder
Doch auch das soziale Elend verfolgt Nachtwey durch seine Linse. Er machte Reportagen über Polizeirepression und Haftanstalten in den USA, über Waisenhäuser in Rumänien, über Obdachlose in Jakarta. Am grauenerregendsten, auch nach Aussage des Fotografen selber, sind die Bilder von der Hungerkatastrophe in Somalia und im Sudan. Aus den gespenstischen Blicken der Opfer spricht das Äusserste, was man einem Menschen antun kann. Man ist schockiert, ehrlich betroffen. Darin liegt die Macht der Bilder. Und darin liegt ihre Grenze. Der starke Affekt, den professionelle Kriegsfotografie auslöst, ist nicht unproblematisch. Was kommt nach der Erschütterung? Wo beginnt die Sensationslüsternheit oder gar die Banalisierung? Einfache Antworten gibt es nicht. Susan Sontag, ursprünglich eine Kritikerin der Bilderinflation und des Medienvoyeurismus, hat sich gerade wieder zur Nützlichkeit und Notwendigkeit von Kriegsfotografie bekannt. Sie sieht keine andere Alternative. Entscheidend ist, dass ein Weg offen bleibt von der Erschütterung zur Reflexion. Dem Film von Christian Frei zum Beispiel wurde bei allem Respekt vor dem spürbaren Engagement zum Vorwurf gemacht, er habe gegenüber Nachtweys Charisma und der Dramatik seiner Einsätze nicht genügend Distanz bewahrt. Die Ausstellung in Paris verführt in dieser Hinsicht äusserst klug. Die ausgestellten Fotografien sind nicht mit Legenden versehen, sondern jeder Besucher bekommt einen Ausstellungsführer in die Hand gedrückt, der nicht nur zu jedem einzelnen Bild, sondern auch zu den verschiedenen Kriegen und Katastrophen knapp und erhellend informiert. Immer wieder senkt sich der verstörte Blick von den Schreckensvisionen an den Wänden zwischen die Seiten des Führers, wo er wenigstens den Anfang einer Erklärung zu finden hofft.
Das Bedürfnis, zu begreifen, wecken
Zwar steht die da nicht, aber es wird deutlich, was Kriegsfotografie im besten Fall bewirken kann. Sie erzeugt das unabweisbare Bedürfnis, zu begreifen. Nur so kann sie hoffen, die Öffentlichkeit nicht nur zu erschüttern, sondern auch zu mobilisieren. Nachtweys Vorbilder sind die grossen Fotoreporter des Vietnamkriegs wie Larry Burrows und Don McCullin. Allerdings ist es beängstigend, zu sehen, wie weit er sich von den Vorgaben der Siebzigerjahre entfernt hat, sowohl stilistisch als auch inhaltlich. Zur Zeit des Vietnamkrieges zeigte Kriegsfotografie noch Soldaten in Aktion. Die Bilder hatten einen dokumentaristischen, spontanen Charakter. Im heutigen Zeitalter der Militärzensur können Reporter keine Kampfhandlungen mehr dokumentieren. Kriegsfotografie wird zu einer Fotografie der Opfer. Sie zeigt Traumatisierte und Verstümmelte, Ruinen und Massengräber. Es entstehen Ikonen des Leidens, die nach grösserer stilistischer Strenge verlangen. Man kann gut verfolgen, wie bei Nachtwey der formale Perfektionismus immer stärker wird. Er arbeitet mit harten Kontrasten, stark geometrisierten Bildstrukturen, übersättigten Farben, gewagten Rahmungen.
Die Bilder erhalten dadurch ihre beispiellose emotionale Dichte, doch sie verlieren an Unmittelbarkeit, an Realitätsgehalt. Beim Zusammenbruch des World Trade Center war Nachtwey so dicht drauf, dass er nur mit viel Glück überlebte. Trotzdem haben seine monumentalen Farbbilder vom Ground Zero den Charakter perfekter Tableaus. Das ist eine unglaubliche Leistung, aber es zeigt auch, dass solche Dokumente nur noch schwer ohne Stilisierung auskommen. Nachtwey ist ein grosser Fotograf. Aber wir leben in einer dürftigen Zeit für Kriegsfotografie. Auch das wird in der Ausstellung deutlich. Auch darüber sollten wir schockiert sein.