Der Spatz im Kamin
Ramon Zürcher, Suisse, 2024o
Karen et Markus vivent avec leurs enfants dans la maison des parents de Karen. Jule, la sœur de Karen, se rend avec sa famille à l'anniversaire de Markus. Alors que Karen coupe le souffle à tout le monde avec ses manières dominatrices, Jule est tout à fait à l'opposé. Peu à peu, un front se forme contre Karen...
Der Spatz im Kamin ist ein ebenso faszinierender wie irritierender Film. Kaum glaubt man, das Kino der Brüder Zürcher zu erfassen, die schon in ihren ersten Langfilmen Das merkwürdige Kätzchen und Das Mädchen und die Spinne eine eigene Handschrift vorwiesen, entzieht es sich einem und nimmt einen weniger vertrauten Weg. Ihr neuer Wurf beginnt wie eine bitterböse Satire auf das Familienleben, seine Täuschungen und Tabus: Karen lebt mit ihrem Mann Markus und ihren Kindern in dem Haus, in dem sie aufgewachsen ist. Zu Markus’ Geburtstag empfängt sie ihre Schwester, deren Partner und Kinder. Die Inszenierung dieses Familientreffens ist im wahrsten Sinne des Wortes erstickend. Die Figure verbringen ihre Zeit mit spitzen Bemerkungen und sagen sich unter dem Deckmantel vordergründiger Freundlichkeit bittere Wahrheiten. Zugleich sind sie aufeinander angewiesen – und nie allein. Selbst wenn sie es glauben, lauert ihnen immer jemand auf. Der erste Teil des Films ist eine geschickte Inszenierung dieses Spiels der Blicke: Wer beobachtet wen, wer begehrt wen, wer weiss mehr über die anderen? Doch kaum hat man sich eingerichtet in der Erzählung, die bewusst das Unbehagen kultiviert, nimmt sie die überraschendste Wendung. Geheftet an den Blick von Karen, von deren schwerer Familiengeschichte wir in der Zwischenzeit erfahren haben, löst sie sich nach und nach von dem, was man als man als Realität bezeichnet, und wird von alptraumhaften Visionen infiziert, von denen es kein Zurück mehr zu geben scheint. Alles gerät aus den Fugen: die Mikrowelle, die Waschmaschine, die Girlanden ... Über die Tiersymbolik des Films und seines Bestiariums, das den Titel gebenden Spatz, Hühner, eine Katze, eine Ratte und mysteriöse Kormorane umfasst, werden wir später nachdenken. Eines steht jetzt schon fest: Mit Der Spatz im Kamin verbrüdern sich die Zürchers mit dem Federico Fellini von Giulietta degli spiriti und dem Robert Altman von Images, anderen grossen Filmen über Frauen, die allein in ihrer Familie sind.
Émilien Gür