Nightcrawler
Dan Gilroy, USA, 2014o
Branché sur les fréquences radios de la police, Lou parcourt Los Angeles la nuit à la recherche d’images choc qu’il vend à prix d’or aux chaînes de TV locales. La course au spectaculaire n'aura aucune limite.
Atmosphère sordide, humour noir, audace de chaque instant, cynisme absolu: un thriller puissant, qui vaut pour l’interprétation magistrale de Jake Gyllenhaal.
Stéphanie BelpêcheAmoralité glaçante, mais drôle aussi, pour qui aime déguster l'humour très noir.
Cécile MuryNight Call est tenu grâce au regard aiguisé et documenté du réalisateur, qui évoque une profession peu traitée à l'écran mais passionnante : les pigistes charognards de l'info.
Laura MeyerGyllenhaal, bereits im düsteren «Prisoners» ein Ereignis, hat eine unvergleichliche Figur kreiert, einen skrupellosen Kameramann mit Kojotenblick und Asperger-Syndrom. Das Regiedebüt Dan Gilroys, des Co-Autors von «The Bourne Legacy», folgt der Thriller-Formel, funktioniert aber ebenso als Entlarvungsstück der verkommenen Infotainment-Gesellschaft.
Andreas ScheinerLouis ist ein "Nightcrawler" in L.A., einer der Jäger des Unheils, die Nacht für Nacht den Polizeifunk abhören, um blutige Videos von Tod und Verbrechen ans TV zu verkaufen. Jake Gyllenhaal spielt ihn brillant als gespenstischen Selfmade-Man, der auch uns bilderhungrige Zuschauer in den dunklen Sog seiner Erfolgsgeschichte hineinzieht. Und geschickt zerstört Regiedebütant Dan Gilroy die Ausflucht des Zuschauers, dass sich immer nur die anderen vom Grauen faszinieren lassen
Tobias KniebeGalerie photoso
Der Regisseur von Nightcrawler erzählt, was sein Film über einen Videoreporter, der Unglücksfälle und Verbrechen filmt, mit der Realität zu tun hat.
Mister Gilroy, wie kommt man auf die Idee, einen Film über einen «Bluthund» zu drehen?
Zuerst hat mich ein Verbrechen- und Unfallfotograf aus den Dreissigerjahren interessiert, der sich Weegee nannte. Er war der Erste, der einen Polizeifunkempfänger in seinem Auto installiert hatte, und war oft sogar noch vor den Behörden am Tatort. Aber ich fand nicht den richtigen Zugang, um seine Geschichte zu erzählen.
Also haben Sie sich für einen zeitgenössischen, satirischen Ansatz entschieden?
Ich zog nach Los Angeles und hörte von den «Nightcrawlers», Videoreportern, die nachts durch die Stadt rasen und dabei ein Dutzend Polizeifunks abhören. Als Drehbuchautor war ich von dieser Welt fasziniert. Los Angeles ist ja die Autoverfolgungs-Hauptstadt der Welt.
Das müssen Sie erklären.
Ich konnte es nicht glauben, als ich das zum ersten Mal im Fernsehen sah: Da wird eine dreistündige Verfolgungsjagd live übertragen. Die Leute bleiben dran, weil sie hoffen, dass am Ende etwas Spektakuläres passiert.
Sprich, etwas Schlimmes?
Klar. Es gibt deshalb eine Sechs-Sekunden-Verzögerung in der Liveübertragung, denn es könnte ja sein, dass jemand vor laufender Kamera erschossen wird. Das geht nicht, darauf haben sich die Fernsehanstalten geeinigt. In den letzten zwei Jahren kam es zweimal zu technischen Pannen, angeblich. Die Verzögerung fiel jeweils weg. Man sah also gewissermassen eine Hinrichtung live im Fernsehen. Natürlich kommen dann Fernsehmacher und sagen: «Wofür brauchen wir die Verzögerung? Die Quoten gehen nämlich durch die Decke, wenn wir die Hinrichtung zeigen.»
Womit wir gar nicht mehr so weit entfernt wären von den Hinrichtungsvideos, welche die islamistischen Terroristen verbreiten.
Genau! Ich selbst kann so etwas nicht mit ansehen. Aber viele Leute tun sich das an. Nun weiss ich nicht, ob es stimmt, dass brutale Spielfilme das Gewaltpotenzial in der Welt befeuern. Doch was wir medial so alles konsumieren, ist wohl kaum gesund für uns. Andererseits ist es wie mit dem Fast Food. Man kann auf dessen Hersteller zeigen und sagen: «Kriminelle!» Gleichzeitig wollen viele Menschen nun mal Fast Food essen.
Wie haben Sie recherchiert? Waren Sie mit Bluthunden unterwegs?
Ja, Jake (Gyllenhaal, der Hauptdarsteller, Anm.), der Kameramann und ich fuhren ein paar Mal mit einem der Männer mit. Es war grauenerregend. Gleich der erste Einsatz: ein fürchterlicher Autounfall. Ein Wagen war gegen eine Wand geprallt, drei Mädchen wurden aus dem Auto geschleudert. Wir standen nur geschockt da. Aber der Reporter war sehr professionell, er sprang aus dem Wagen, filmte, schnitt das Material noch vor Ort und verkaufte es innert fünf Minuten an vier TV-Stationen.
Es stört Sie nicht, was der Mann macht?
Er sieht sich als Dienstleister. Da ist was dran, denn aus seinen Bildern produzieren die Nachrichtenstationen ihre Aufmacher, ihre wichtigsten Geschichten. Es gibt also eine Nachfrage. Da steht es mir doch nicht zu, ihn zu verurteilen. Ich wollte mit meinem Film denn auch keine moralische Standpauke halten.
Aber woher kommt die Nachfrage?
Vermutlich haben schon die Neandertaler interessiert zugeschaut, wie Löwen Gazellen zerfleischten. Die Quoten der Nachrichtenstationen sprechen eine deutliche Sprache: je blutiger die Berichterstattung, desto mehr Menschen schalten zu. Und übrigens, Sie sind ja auch nicht aus dem Film rausgelaufen.
Dafür ist er viel zu spannend!
Ich möchte, dass die Leute ihre Sehgewohnheiten hinterfragen. Sie sollen denken: «Wieso fühle ich mich diesem Reporter irgendwie verbunden? Wieso stört es mich nicht, dass die Filmemacher ihn nicht verurteilen?»
Finden Sie aber nicht, dass die Berichterstattung immer extremer wird?
Vor einigen Jahrzehnten haben die Fernsehsender der USA beschlossen, dass Nachrichten Profit machen müssen. Dadurch werden Nachrichten zu Unterhaltung. Statt vertiefter Information bekommen wir jetzt Geschichten, die aufgebaut sind, als sollte ein Produkt verkauft werden. Die Nachrichten sagen: «Es gibt Dinge da draussen, die sind gefährlich. Bleibst du nicht bis nach der Werbung dran, weisst du nicht, welche Gefahren auf dich lauern.»
Der Bluthund im Film, Lou Bloom, steht auch für die vielen verzweifelten jungen Menschen, die alles tun, um einen Job zu bekommen.
Haargenau darum ist es mir mit dieser Figur gegangen! Von diesen Millionen jungen Arbeitslosen bin ich ausgegangen. Lou hat ja gleich zu Beginn des Films eine Art Vorstellungsgespräch. Was er da macht, ist eine sogenannte Liftrede. In der Ratgeberliteratur heisst es: Eines Tages findest du dich in einem Lift mit jemandem wieder, der dir einen Job verschaffen kann. Dann musst du dich in 30 Sekunden verkaufen können.
Die Geschichte von Lou Bloom ist eine Success Story, eine Erfolgsgeschichte – einverstanden?
Sehr! Wenn man zehn Jahre in die Zukunft gehen würde, sässe Lou wohl an der Spitze eines grossen Unternehmens. Er hat sich das Rüstzeug erworben. Verglichen mit vielen Leuten in Spitzenpositionen ist, was er macht, nicht besonders schlimm. Verglichen mit Leuten, die Tausende Menschen ihrer Pensionskassengelder berauben und sich dann eine grosse Jacht kaufen, ist, was Lou macht, geradezu harmlos.